Rede zum Haushalt 2022 von Bündnis 90/Die Grünen

Haushaltsrede November 2022, Bündnis90/Die Grünen

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Mitglieder der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt!

Der Haushalt 2023 steht wieder einmal unter schlechten Vorzeichen.

Wir, die Grünen hier im Rat, haben Ihnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung in diesem Jahr viel zugemutet.

Für ihr Verständnis herzlichen Dank!

Wir sehen es aber als unsere Aufgabe an, Impulse zu geben und für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt einzutreten.

Das haben wir mit unserer Verpflichtungserklärung zugesagt.

Die knappen finanziellen und personellen Ressourcen zielgerichtet einzusetzen, ist die Aufgabe für 2023.

Diese Zielsetzung möchte ich der Verwaltung auch nicht absprechen, aber ob die richtigen Schwerpunkte gesetzt sind, ist fraglich.

  Wir befinden uns mitten in einer Umwelt- und Energiekrise, die mit Inflation und einer drohenden Rezession einhergeht.

Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre, bei der Energiepolitik und den Blockaden beim Ausbau der erneuerbaren Energien, rächen sich und sie haben das Potential der sozialen Spaltung.

Um dem entgegenzuwirken, müssen alte Denkmuster über Bord geworfen werden und der Klimaschutz muss bei allen kommunalen Entscheidungen Priorität haben.

Nach überstandener Krise in alte Verhaltensweisen zurück zu fallen, wäre deshalb falsch. Das deutet sich in Meinerzhagen aber leider schon jetzt an, z.B. bei der Mobilitätsplanung und beim Ausbau erneuerbarer Energien.

  Trotz guter, ordentlicher Erträge führen die außerordentlichen Belastungen zu einem negativen Finanzergebnis.

Nur durch den „Taschenspielertrick“ des NKF-Covid-19-Ukraine-Isolierungsgesetzes, wie es Herr Klose nannte, kommen wir auf ein positives Jahresergebnis.

Ob nun von 0,3 oder 0,6 Millionen Euro, bei den schwer kalkulierbaren Erträgen von Gewerbe- und Grundsteuer, so wie der Zuweisung des Einkommenssteueranteils, ist das wie aus der Glaskugel lesen.

Welchen Einfluss unvorhersehbare Kostensteigerungen noch haben werden, ist ungewiss.

Die Sätze der durch die Gemeinde erhobenen Steuern bleiben Gott sei Dank auf einem verträglichen Niveau.

Wichtig ist, dass die finanzielle Selbstbestimmung erhalten bleibt und das Schreckgespenst „Haushaltssicherungskonzept“ vermieden wird.

Dennoch ist das nach den Corona-Jahren mit dem gleichen „Taschenspielertrick“ erzielte, positive Jahresergebnis, eine weitere Anleihe von 1,2 Millionen Euro in die Zukunft. Bis 2025 werden in der Vorausschau 25 Millionen Euro abzuschreibende Belastungen prognostiziert.

Der Erhalt des sozialen Gemeinwesens, der Grundversorgung und der Infrastruktur ist eine vordringliche Aufgabe. Darin sind wir uns einig.

Besonders hervorzuheben ist die gute Ausstattung unserer Schulen.

Das ist aber nur mit neuen Kassenkrediten möglich und das zu schlechteren Zinsbedingungen. Die geplante Nettoneuverschuldung von 5,1 Millionen Euro schränkt die Handlungsfähigkeit weiter ein.

Die Gebühren maßvoller zu erhöhen war angesichts der gestiegenen Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern unser Wunsch, aber auch dort machen sich besonders die gestiegenen Energiekosten bemerkbar.

Das von Herrn Bürgermeister Nesselrath in seiner letztjährigen Haushaltsrede angeführte „Überdenken von Prioritäten“ ist angesichts der Zukunftsszenarien notwendig, war aber leider in diesem Jahr nicht ausreichend erkennbar.

Die fortschreitende Klimakrise wird die Auswirkungen von Corona- und Energiekrise in Zukunft übertreffen und wird nicht mit einem Taschenspielertrick zu bewältigen sein. Das ist bei manchen politischen Akteuren scheinbar noch nicht richtig angekommen.

Das zu schaffen braucht Kraftanstrengungen und neue Ideen, auch in Meinerzhagen. Erste Voraussetzung ist aber, dass wir diese Krise ernster nehmen. Das wird nicht leicht, aber wir sind die Generation, die die Klimakrise noch maßgeblich beeinflussen kann.

Der Bürgermeister führt bei seiner Haushaltsrede aus, sich um Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu kümmern. Was sich im Haushalt findet, steht aber teilweise unter Vorbehalt und es fehlt insbesondere eins:

Klare Konzepte, wie die klimaneutrale Energieversorgung und wie die Verkehrswende proaktiv gestaltet werden sollen.

Es sind noch keine eigenen Initiativen erkennbar, die dazu dienen, gute Rahmenbedingungen für private Investitionen oder Bürgergenossenschaften zu schaffen, die in erneuerbare Energieerzeugung investieren wollen.

Man bewegt sich bisher zumeist nur im Rahmen dessen, was ohnehin Stand der Technik ist und Förderung verspricht.

Das Argument „Klimaschutz ist wichtig, uns fehlen jedoch die Kapazitäten“ werden wir vermutlich auch in den nächsten Jahren hören müssen.

Wir machen alles wie früher, hört man dazu aus anderen Ratsfraktionen. Dabei könnten Stadt und Bürger doch auch wirtschaftlich profitieren und der Industrie würde ein Standortvorteil verschafft.

Mit dem Bekenntnis zur „Autostadt Meinerzhagen“ wird das jedoch nicht gelingen.

Da können wir nur neidisch über den Tellerrand, z.B. nach Warstein schauen, wo im Schulterschluss mit der Industrie ein Windpark im Arnsberger Wald auf Kalamitätsflächen entstehen wird.

Auch in Kierspe hat man sich fraktionsübergreifend geeinigt, Potentialflächen auszuloten und eine Förderrichtlinie zu verabschieden, die private Investitionen mit 250 Euro unterstützt.

Und nun noch kurz zu den negativen Gepflogenheiten, die sich in die Arbeit von Rat und Ausschüssen neuerdings eingeschlichen haben, leider!

Die Forderung, keine Fragen an die ohnehin schon überlastete Verwaltung zu stellen, scheint eine geeignete Masche, berechtigte Fragen und Anregungen aus der Grünen Fraktion abzuwürgen.

Was da aus anderen Ratsfraktionen kommt, lässt am Selbstverständnis der ihnen zugedachten Aufgaben im demokratischen Diskurs zweifeln.

Besteht doch die Aufgabe von Rat und Ausschüssen darin, über die relevanten Themen öffentlichzu diskutieren, um dann Entscheidungen zu treffen, auch in Vertretung von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt.

Dazu sind Kontrollaufgaben und Fragerechte in mündlicher und schriftlicher Form gesetzlich verbrieft, das bestreitet auch unser Bürgermeister nicht.

Kommunalpolitiker engagieren sich ehrenamtlich und sie sind selten Experten. Aber die Demokratie lebt von ihrer Bereitschaft mitzuwirken, damit das demokratische Gemeinwesen funktioniert.

Das verdient Wertschätzung, die nur allzu selten zu spüren ist.

Wir treten auch in den kommenden Jahren für ein nachhaltiges, zukunftsorientiertes Meinerzhagen ein und freuen uns über jeden, der sich diesem Ansinnen anschließt.

Dem Haushalt 2023 können wir nur in Teilbereichen Positives abgewinnen. Auf Grund der besonders schwierigen Rahmenbedingungen stimmen wir aber zu.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!