10 Punkte-Plan zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft 8. Oktober 2020 First out – Last in „First Out – Last in“. Das ist das Schlagwort, das die Veranstaltungsbranche im Kultursektor seit März 2020 begleitet. Nach dem kompletten Shutdown der Veranstaltungsbranche im März ist der Spiel-, Bühnen- und Messebetrieb nach wie vor nur sehr eingeschränkt möglich. Einige Sparten sind noch immer komplett geschlossen. Es ist unabsehbar, wann Konzerte, Festivals, Clubs, Comedy & Kabarett, Kongresse, Messen, Jahrmärkte und Volkfeste, Theater, Opern, Musicals und vieles mehr wieder im normalen Umfang stattfinden dürfen. Die Existenz der Veranstaltungsbranche ist massiv gefährdet: Insgesamt sind in Deutschlands sechstgrößtem Wirtschaftszweig mit 130 Mrd. Euro Umsatz 1 Million Jobs bedroht. Kein anderer Wirtschaftszweig leidet immer noch so massiv unter der Corona-Pandemie. Die kreativen Konzepte aus der Branche, die Veranstaltungen im begrenzten Umfang ermöglichen – das Konzert im Freien, das Festival, aufgeteilt auf mehrere Wochenenden oder die Veranstaltungen im Netz – dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ökonomische Situation für die kreative Szene nicht tragbar ist. Bedroht sind nicht allein die Künstler*innen, sondern Veranstalter*innen, Tourbooker*innen & Künstlervermittler*innen, Manager*innen, Ton- und Lichttechniker*innen, aber auch das Security-Personal, die Bühnen- & Zeltbauer*innen, das (Non-)Food-Catering bis hin zur Fahrer*in des Bandbusses. Wir brauchen die Veranstaltungsbranche Und mit Ihnen wir alle. Denn wir brauchen die Veranstaltungsbranche. Kunst- und Kulturveranstaltungen haben eine hohe Bedeutung für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir brauchen den Festival-, Club-, Theater- oder Konzertbesuch. Vielfach sind es Kunstformen, die uns irritieren, zum Nachdenken anregen oder Glück fühlen lassen, die uns unsere Freizeit in Gemeinsamkeit erleben lassen und einen Gegenpol zum alltäglichen Stress ermöglichen. Wir sind kulturelle und soziale Wesen. Es geht nicht nur um das ökonomische Überleben der Branche, sondern um eine demokratische Austauschform, ja, um unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Was jetzt in ganz Deutschland an kultureller Vielfalt und Infrastruktur wegbricht, droht dauerhaft verloren zu gehen. Ein erneuter Aufbau wäre um ein Vielfaches teurer, als jetzt unbürokratisch und wirksam zu helfen. Ohne die Künstler*innen und die Veranstaltungsbranche wird es auch nach Corona still werden. Die Hilfsprogramme der Bundesregierung versagen Die laufenden Hilfsprogramme der Bundesregierung nehmen die Lebensrealität der Veranstaltungsbranche und der vielen darin Mitwirkenden bei weitem nicht ausreichend zur Kenntnis. Auch sieben Monate nach dem ersten „Shutdown fallen immer noch viele Kulturschaffende und Unternehmen*innen der Veranstaltungsbranche durch das Raster der Hilfen. In der Logik des „Neustart-Kultur“-Programms der Kulturstaatsministerin bleibt der Großteil der Veranstaltungsbranche außen vor, weil kein Neustart geplant werden kann. Für sie, wie für viele Kulturschaffende, besteht keine Antragsberechtigung, da sie keinen Öffnungstermin oder verbindlichen Veranstaltungstermin vorweisen können. Wie auch, wenn nicht klar ist, wie und wann sie öffnen dürfen? Es fehlt an Rechts- und Planungssicherheit. Zudem sind die Mittel nicht ausreichend, um die Veranstaltungsbranche zu retten. Die Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministers, die die Branche am Leben halten soll, sind zu bürokratisch und voraussetzungsvoll. Viele sind ausgeschlossen. Das zeigen auch die Antragszahlen. Mehrere Wochen nach Inkrafttreten sind erst weniger als 5% der bereitgestellten Mittel ausgezahlt. Und die Soloselbständigen fallen wieder durchs Raster, weil sie nur Betriebskosten angegeben können. Wie aber soll die Krankenversicherung gezahlt und der Kühlschrank für die Familie gefüllt werden? Die gesamte Veranstaltungsbranche steht nach nun schon 7 Monaten, die sie quasi nicht arbeiten konnte, buchstäblich mit dem Rücken zur Wand. Es braucht jetzt ein Umdenken, hin zu passgenauen Rettungspaketen für einzelne Branchen, um sie effektiv vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen. Was für die Lufthansa und die Deutsche Bahn möglich ist, muss auch für die Veranstaltungsbranche möglich sein. Ein passgenaues Rettungspaket für die Veranstaltungsbranche Was es jetzt braucht ist ein passgenaues Rettungspaket für die Veranstaltungsbranche aufzusetzen, das folgende Punkte umfasst: 1: Überbrückungsprogramm für die Veranstaltungsbranche Die aktuelle Situation erfordert ein Überbrückungsprogramm für die Veranstaltungsbranche, das für alle Unternehmensgrößen, alle Kostenarten und alle Krisenmonate gilt. Grundlage ist ein monatlicher Zuschuss von mindestens 2% des letzten Jahresumsatzes der Betriebe. Das Überbrückungsprogramm soll die Übernahme von Fix- und Betriebskosten, gestaffelt nach den vorliegenden Umsatzeinbrüchen, beinhalten. Bei 70% oder mehr Umsatzverlust werden 80% der Betriebs- und Fixkosten übernommen. Die Berechnung der Hilfen erfolgt nicht monatlich, wie es aktuell der Fall ist, sondern sollte halbjährlich ermittelt werden, da die Veranstaltungsbranche mit Projektumsätzen arbeitet und keine linearen Umsätze vorweisen kann. Das Überbrückungsprogramm soll die Branche so lange absichern, wie die Betriebe Umsatzeinbrüche über 60% verzeichnen. Es soll ohne Einschränkungen für alle aus der Branche zur Verfügung stehen, von Einzelunternehmer*innen über Kleinunternehmen bis zum Mittelständler, unabhängig von einer Konzernzugehörigkeit. Die Förderhöhe soll nicht auf 50.000 € bei Unternehmen mit über zehn Beschäftigten begrenzt werden. Denn es ist nachvollziehbar, dass ein Betrieb mit bspw. 30 Beschäftigten höhere Fixkosten aufwenden muss als ein Betrieb mit 10 Beschäftigten. Die Höhe der Hilfen soll abhängig sein von den förderfähigen Kosten und den Umsatzverlusten. Die Mittel sind als Zuschüsse zu verstehen und müssen somit nicht zurückgezahlt werden. Die Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministers müssen umgehend entbürokratisiert und auf die Handlungsempfehlungen aus der Branche angepasst werden. Aktuell ist die Antragstellung nur über Steuerberater*innen oder Wirtschaftsprüfer*innen möglich. Das schließt viele kleiner Betriebe wie bspw. Clubs und Livemusikspielstätten, die keine Steuerberater*innen haben, aus. Es muss sichergestellt sein, dass alle Branchenteilnehmer*innen zum Antragsverfahren zugelassen werden, insbesondere auch „verbundene Unternehmen“. Bisher führt die Förderrichtlinien dazu, dass grundsätzlich förderfähige Unternehmen bei der Betrachtung des Umsatzes aller verbundenen Unternehmen aus den Förderungen herausfallen. Dies gilt es zu verhindern. Es bedarf der Anpassung der förderfähigen Betriebs- und Fixkosten. Insbesondere müssen die die Künstlervermittler*innen und -agenturen berücksichtigt werden, die bisher komplett leer ausgehen. Die Veranstaltungsbranche braucht jetzt ein passgenaues Überbrückungsprogramm, das einen Zuschuss von mindestens 2% des letzten Jahresumsatzes der Betriebe sicherstellt. Das Geld dafür ist in dem 25 Mrd. Topf des Wirtschaftsministers vorhanden. Es wird aber nicht abgerufen, da die Ausgestaltung des Programms den Zugang für viele existenzbedrohte Betriebe versperrt. Notwendig ist daher, die Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministers umgehend zu entbürokratisieren, den Zugang zu vereinfachen und die förderfähigen Betriebs- und Fixkosten anzupassen. 2: Krisendialoge verstetigen – Expertise der Branche hören Mit dem Mechanismus, Hilfsprogramme, die allein von der Exekutive entwickelt und dem Parlament und den Branchen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft vorgelegt werden, muss jetzt, 7 Monate nach dem ersten Shutdown, Schluss sein. War das Vorgehen zu Beginn der Krise noch nachvollziehbar und zu unterstützen, ist jetzt zu sehen, dass die Hilfspakete der Bundesregierung daran scheitern, alle mitzunehmen. Die zahlreichen Protestbriefe, Petitionen, Hilferufe und Demos aus der Veranstaltungsbranche und der Soloselbständigen zeigen, dass die Bundesregierung ihren Kurs ändern muss. Die Entwicklung passgenauer Rettungspakete erfordert den regelmäßigen Austausch mit der Veranstaltungsbranche. Die bisher stattgefunden Gespräche müssen verstetigt und ergebnisorientiert weitergeführt werden. Zudem müssen die Legislative und hier die Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Medien in die Entwicklung der Rettungspakete mit eingebunden werden. Nur die Anhörung und der Einbezug der Expertise aller Beteiligten kann zukünftige Maßnahmen auf den Nährboden eines breiten Konsenses stellen. Es ist jetzt an der Zeit, auf die Expertise aus der Branche zu hören und die Überbrückungshilfen dementsprechend anzupassen. Bereits zu Beginn der Krise haben wir Grüne im Bundestag die Einrichtungen von branchenspezifischen Expert*innenkommissionen gefordert[1], um passgenaue Rettungspakete zu entwickeln. Dadurch hätte frühzeitig verhindert werden können, dass viele Kulturschaffenden und Betriebe jetzt durchs Raster der Hilfen fallen. Es soll regelmäßig ein Krisendialog mit der Veranstaltungsbranche geführt werden, ein direkter Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin für die Veranstaltungsbranche benannt und Vertreter*innen des Parlaments zu den Gesprächen hinzugezogen werden. Wir fordern weiter, den Dialog auch zur Evaluierung der Maßnahmen zu nutzen sowie im Rahmen dieses Expert*innenkreises eine Post-Corona-Strategie für die Branche zu entwickeln. 3: Soloselbständige: Einführung eines Existenzgeldes von 1.200 € Während Angestellte das Kurzarbeitergeld erhalten und Künstler*innen, die bei einem Auftritt in einer öffentlich geförderten Einrichtung seitens der Kulturstaatsministerin mit Ausfallhonoraren rechnen konnten, werden Soloselbständige auf die „Grundsicherung“ verwiesen. Und das, obwohl sie weder arbeitslos noch arbeitssuchend sind. Coronabedingt dürfen sie zurzeit nicht arbeiten. Insbesondere in der Veranstaltungsbranche, wie generell in der Kultur- und Kreativwirtschaft, arbeitet ein hoher Anteil an Soloselbständigen. Ein Stagehand, Roadie oder eine Tontechnikerin haben aber keine oder nur sehr geringe Betriebskosten. In den Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministeriums aber können nur Betriebs- und Fixkosten geltend gemacht werden. Die Kosten der Krankversicherung oder auch die Lebenshaltungskosten wie der nächste Lebensmitteleinkauf für sich und ggf. für die Familie fallen nicht darunter. Der Bund schiebt hier seit Monaten die Verantwortung an die Länder ab. Sind hier Länder wie Baden-Württemberg positive Beispiele, zahlen andere nichts. So entsteht eine Ungleichbehandlung für Soloselbständige qua Wohnort. Eine bundesweite Hilfe ist zwingend erforderlich. Mit dem Abschieben der Soloselbständigen in die „vereinfachte“ Grundsicherung, wobei von „vereinfacht“ keine Rede sein kann, muss Schluss sein. Das System der Grundsicherung ermöglicht es nicht, die Existenz von Unternehmen zu sichern. Es zieht Einzelunternehmer*innen vom Markt, was langfristig unserer kulturellen Infrastruktur schaden wird. Zur Unterstützung der Soloselbständigen ist es notwendig, die Lebenshaltungskosten zu bezuschussen, und zwar pauschal mit einem Selbstständigengeld von 1.200 Euro monatlich. Und das zukünftig sowie auch rückwirkend bei der Anrechnung der bereits ausgezahlten Soforthilfen – bundesweit. Und das schnell! 4: Planungssicherheit schaffen: Schutzschirm für den Neustart Der Neustart für die Veranstaltungsbranche ist nach aktuellem Stand noch ungewiss. Das Verbot für Großveranstaltungen gilt bis Ende des Jahres 2020. Wie sich die Pandemie weiterentwickelt, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten ist nicht vorhersehbar. Planungen von Tourneen, Konzerten, Festivals und Messen brauchen längere Vorlaufzeiten, die auch bei den Hilfen berücksichtigt werden müssen. Und alle Planungen stehen unter dem Damoklesschwert, jederzeit, aufgrund einer neuen Entwicklung der Pandemie, zunichte gemacht werden zu können. Hinzu kommt, dass auch die internationalen Reisebestimmungen die Planungen jederzeit durch kurzfristig beschlossene Einreise- und Quarantänebestimmungen durchqueren können. Diese können vielen Veranstaltenden zum Verhängnis werden. Um aber dennoch Veranstaltungen und die vorbereitenden Planungen zu ermöglichen – auf Grundlage der jeweils aktuell geltenden Hygiene- und Abstandsregeln – benötigt die Veranstaltungsbranche Planungssicherheit. Die wollen wir ihr, nach österreichischem Vorbild, im Rahmen eines Schutzschirms bieten. Wird eine Kulturveranstaltung oder eine Messe aufgrund neuer Maßnahmen infolge des Coronavirus abgesagt, sollen die bis dahin angefallen Ausgaben, die nicht stornierbar sind, ersetzt werden. Ein solcher Schutzschirm soll der Veranstaltungsbranche wieder Sicherheit und Mut zur Planung geben. Die Veranstaltungsbranche braucht einen Schutzschirm, der die Planung für einen Neustart absichert. Nicht stornierbare Ausgaben für Veranstaltungen, die aufgrund neuer, im Rahmen der Planung noch nicht absehbare Maßnahmen in Folge des Corona-Virus abgesagt werden müssen, sollen ersetzt werden. 5: Kreditprogramme anpassen Kredite, so haben wir es zu Beginn der Krise stets wiederholt, sind nicht das passende Instrument, um die von der Corona-Pandemie betroffenen Unternehmen aus der finanziellen Krise zu helfen. Für viele verlagert sich das Problem dadurch nur in die Zukunft. Für die Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche, für die Kredite dennoch hilfreich sein können, zeigt sich aktuell, dass die Banken nicht gewillt sind, aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Planbarkeit Kredite zu gewähren. Aufgrund der Veranstaltungsverbote ist zudem schon jetzt absehbar, dass Kreditnehmer*innen nicht imstande sein werden, ihre Kredite in den vorgesehenen Zeiträumen tilgen zu können. Dadurch wird Eigenkapital aufgebraucht und es werden notwendige Investitionen in die Zukunft verhindert. Es ist jetzt notwendig, die Kreditlaufzeiten an den Handlungsempfehlungen der Branche anzupassen, damit die Kredittilgungen die Unternehmen nicht erdrücken. Zudem sollen die tilgungsfreien Zeiträume flexibilisiert werden und die Möglichkeit geschaffen werden, dass durch die Kreditaufnahmen das Rating der betroffenen Unternehmen nicht belastet wird. Die Übernahme des Haftungsrisikos seitens der Bundesregierung soll zudem die Kreditvergabe seitens der Banken ermöglichen. 6: EU-Beihilferahmen anpassen Die Veranstaltungsbranche braucht passgenaue Hilfen. Die aktuelle Begrenzung durch den „Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19“ der EU-Kommission auf 800.000 € kann in einigen Fällen nicht ausreichend sein. Eine Hilfe für besonders hart getroffene Branchenunternehmen jeder Größe muss sichergestellt werden können. Dafür ist es auch notwendig, dass KfW-Kredite nicht auf die Subventionsbeträge angerechnet werden. Die Bundesregierung muss sich jetzt per Antrag bei der EU-Kommission für Härtefallgenehmigungen einsetzen, um die aktuelle Höchstgrenze von 800.000 € ausweiten zu können. Damit werden Unternehmen der Veranstaltungsbranche jeder Größe angemessen mit finanziellen Hilfen unterstützt. 7: Schutz von Kulturorten sicherstellen Ohne Kulturorte keine Veranstaltungen. Ohne Veranstaltungen keine Auftritte von Künstler*innen. Ohne Auftritte keine Jobs für die vielen Beschäftigten der Veranstaltungsbranche. Wir sind davon überzeugt, dass ein wichtiger Faktor der Veranstaltungsbranche die Kulturorte und -räume sind. Ohne diese kulturelle Infrastruktur wären viele Veranstaltungen nicht möglich. Das sind die großen Konzerthallen, Theater und Opern, aber auch die vielen kleinen Bühnen der Livemusikspielstätten, Clubs und soziokulturellen Zentren. Und auch Flächen für Open-Air-Veranstaltungen zählen zu unserer kulturellen Infrastruktur. Wir wollen die Orte schützen, die immer mehr von Verdrängung durch Mietsteigerung und Gentrifizierung sowie Schallschutzproblemen betroffen sind. Als Grundlage für einen Neustart der Veranstaltungsbranche sehen wir den Schutz und die Sicherung von Kulturorten als unabdingbar an. Wir wollen Kulturorte, wie bspw. Clubs, die bisher als Vergnügungsstätten definiert werden, als Kulturorte anerkennen und als solche wertschätzen. Weiter fordern wir, einen Schallschutzfonds auch auf Bundesebene einzuführen, um Kulturorte bei baulich bedingten Maßnahmen zur Schallreduktion zu unterstützen[1]. 8: Schaffung einer zentralen Not-Anlaufstelle Viele Gespräche mit Vertreter*innen und Betroffenen aus der Veranstaltungsbranche und der Kulturszene haben gezeigt, dass es für die Mehrheit der durch die Coronapandemie in Existenznot Geratenen sehr schwierig war und ist, an die für Sie relevanten Informationen zu den Hilfen zu gelangen. Erst nach und nach hat die Bundesregierung Informationen zu ihren Hilfsprogrammen veröffentlicht. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von Landesprogrammen, die den Überblick erschweren. Es muss Zielsetzung der Bundesregierung sein, die Informationen und Beratungsmöglichkeiten zu den Hilfsprogrammen für Unternehmen und Einrichtungen der Veranstaltungsbranche sowie Kulturschaffenden transparent und aktuell aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Wir sind der Meinung, dass es Aufgabe der Bundesregierung ist, eine zentrale Informationsstelle über die Hilfen des Bundes und der Länder aufzusetzen und persönliche Beratungen zu ermöglichen. Dies allein den Verbänden zu überlassen, die in der Zeit der Pandemie an verschieden Fronten kämpfen, entspricht nicht unserer Vorstellung von staatlicher Hilfe in einer Krisensituation. Dringend wird eine zentrale Not-Anlaufstelle benötigt, an die sich Betroffene der Veranstaltungsbranche wenden können und Informationen über Hilfen bekommen. 9: Forschung ausweiten und unterstützen Für Neustart- und Öffnungsszenarien bedarf es wissenschaftlicher Kenntnisse darüber, wie sich das Virus insbesondere bei den unterschiedlichen Formen der Veranstaltungen ausbreitet. Hier gibt es bereits unterschiedliche Untersuchen, bspw. welche Aerosolentwicklungen bei Chören und Orchestern oder bei größeren Konzerten in Hallen zu messen sind, wie es das Universitätsklinikum Halle (Saale) mit Tim Bendzko bei einer Konzertsimulation mit verschiedenen Besucherszenarien gemessen hat. Aus den Ergebnissen wird sich ableiten lassen, welche technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen gezielt für Veranstaltungsformen der Veranstaltungsbranche nötig sein werden. Wir müssen jetzt die Forschungsbemühungen verstärken und finanziell unterstützen, um aus der Wissenschaft Antworten auf die Frage zu bekommen, wie unter Coronabedingungen Veranstaltungen in ihren unterschiedlichen Formaten durchgeführt werden können und welche Infektionsschutzmaßnahmen jeweils nötig sind. 10: Post-Corona: Die Veranstaltungsbranche krisenfest machen Die Corona-Krise hat gezeigt, wie anfällig die Kultur- und Kreativwirtschaft, und im Besonderen die Veranstaltungsbranche in ihrer diversen Ausrichtung der Beschäftigungsverhältnisse in Krisenzeiten ist. Um ihre Interessen besser und gebündelter zu vertreten, sollten Verbände der Kultur- und Kreativwirtschaft sich stärker miteinander vernetzen. Die Bedeutung der Veranstaltungsbranche, wie aller Kulturbranchen, sollte nicht nur bei der Kulturstaatsministerin, sondern ressortübergreifend und insbesondere im Wirtschaftsministerium wahrgenommen werden. Die Veranstaltungsbranche muss in der Wahrnehmung und Wertschätzung der Bundesregierung einen deutlich höheren Stellenwert bekommen. Dafür muss allen Kulturformen eine Förderung auf Augenhöhe ermöglicht werden. Es bedarf einer besseren sozialen und wirtschaftlichen Absicherung der Kulturschaffenden selbst. Das kann perspektivisch durch Mindesthonorare oder durch einen besseren Zugang zu den Sozialversicherungssystemen erfolgen, bspw. durch die Öffnung von staatlichen oder teilstaatlichen Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit auch für Freiberufler*innen und Soloselbständige. Es ist notwendig, die prekäre wirtschaftliche und soziale Lage vieler Kulturschaffender zu verbessern und den Kulturbetrieb zukünftig krisenfester zu machen. [1] Siehe Antrag „Maßnahmen zur Rettung der kulturellen Infrastruktur in der Corona Krise“, BT-Drs: 19/18715, vom 21.04.2020 [1] Siehe auch unseren Antrag „Last Night a DJ Saved My Life – Clubkultur erhalten – Clubs als Kulturorte anerkennen“, BT-Drs.:19/15121, vom 13.11.2019 Quelle: https://www.gruene.de/artikel/10-punkte-plan-zur-rettung-der-veranstaltungswirtschaft