Haushaltsrede zum Haushalt 2020

Haushaltsrede zum Haushalt 2020

von Karl Hardenacke für Bündnis 90/Die Grünen Meinerzhagen

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren!

Die Umstände bei der Erstellung des Haushaltplanes waren sehr ungewöhnlich.

Der zu den Haushaltsberatungen unserer Fraktion vorgelegte Haushaltsentwurf für das Jahr 2020 ließ noch einen Gesamtertrag von 56,3 Millionen Euro erwarten bei Aufwendungen von 56 Millionen Euro.

Diese Zahlen waren dann überraschend durch die Hiobsbotschaft von Gewerbesteuerausfällen in Höhe von 1,58 Millionen in Frage zu stellen.

Was nun Frau Neumann?

Bei der Durchforstung aller Haushaltspositionen wurden tatsächlich Möglichkeiten gefunden, die unerfreuliche Situation zu entschärfen und den Rückfall in die Haushaltssicherung zu vermeiden.

Durch Anrechnung von Zuwendungspauschalen und Zuschüssen oder die Verlagerung von Maßnahmen aus dem investiven in den konsumtiven Umfang.

Die Einsparungen von 70.000€ durch Umschuldung und Streichungen nicht zu vergessen, auch im Personalbereich.

Der neu berechnete Ertrag von 55,2 Millionen bei Aufwendungen von 54,7 Millionen, führt jetzt zu einem positiven Ergebnis von ca. 364.000 Euro, fast auf dem Niveau des ersten Entwurfs.

Das aber bei einer Neuverschuldung von 6,7 Millionen Euro.

Daraus resultieren doch einige Fragen:

  • Und warum nicht gleich so?
  • Waren das stille Reserven, zumindest teilweise?
  • Und ist das steigende Steueraufkommen, als Haupteinnahmequelle für die weiteren Jahre bis 2023, nicht zu optimistisch bewertet?

Die Abschwächung der Konjunktur ist absehbar, der Brexit oder der Zoll-Streit mit den USA werden Folgen haben.

Einige Unternehmen bauen Arbeitsplätze ab oder fahren Kurzarbeit.

An dieser Stelle möchte ich positiv anführen, dass die von der Kämmerei eingeführten Maßnahmen zur Bedarfs- und Ausgabenkontrolle der Finanzmittel, Fehlleistungen in der Mittelbereitstellung verhindern hilft.

Der erhebliche Umfang der Kreisumlage von 37%, nunmehr noch knapp 20 Millionen Euro, wird auch in diesem Jahr wieder ritualhaft beklagt.

Eigentlich müsste man die Klage an die CDU-FDP-Landesregierung richten und sagen: „Weil ihr die Landkreise nicht ordentlich finanziell ausstattet, müssen die sich bei den Kommunen bedienen, bis an die Schmerzgrenze“.

Andererseits meine Damen und Herren,

zwischen Kommune – Kreis – und Land ist es ein Nehmen und Geben. Der Kreis übernimmt vielfältige Aufgaben für die Kommunen.

Und welche Maßnahmen hätte Meinerzhagen realisieren können ohne Zuwendungen und Fördermittel.

Ob die Mittel dann auch sinnvoll verwendet werden, dass steht auf einem anderen Blatt.

Weil uns nach dem geänderten Zahlenwerk keine erneute Haushaltsklausur möglich war, möchte ich im Weiteren nur Tendenzen aufgreifen.

Professor Fratzscher, Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat letztens beim Volksbankforum in der Stadthalle insbesondere die mangelhafte und nicht zielgerichtete Investitionstätigkeit der Kommunen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz angesprochen.

Seit Jahren nehmen da die Investitionen der Kommunen ab, so der Wirtschaftsprofessor.

Und vor der Inanspruchnahme von Krediten sollen Kommunen bei der günstigen Zinssituation nicht zurückschrecken. Die Kreditaufnahme von ca. 6,7 Millionen ist schlussfolgernd moderat.

Die Altlasten, das Bedienen der Kassenkredite auf hohem Niveau, schmerzt natürlich sehr.

Da gibt es noch weiteres, über das wir reden müssen:

Die Frage der Abschaffung von KAG-Beiträgen, die wir Grüne im Prinzip unterstützen, ist nach wie vor offen.

Denn ob die CDU-FDP-Landesregierung die Straßenbaubeiträge ganz abschaffen werden, ist zu bezweifeln.

Die bisherigen Pläne der Landesregierung bringt den Grundstückseigentümern in Meinerzhagen zumindest wenig.

Konzepte zur Gegenfinanzierung sind Mangelware.

Auch wenn die Abschaffung beschlossen würde,

darf Straßenbau nicht aus den kommunalen Kassen bestritten werden und nicht in Konkurrenz zu anderen Maßnahmen erfolgen wie z.B. Schulentwicklung oder Klimaschutz.

Eine allgemeine Umlage über Grundbesitzabgaben ist keine Lösung.

Die Gebührenlast steigt wie 2020 bei den Müllgebühren von Jahr zu Jahr und die Rücklagen sind fast aufgebraucht.

Investitionsstau und Mehrbelastung durch voraussichtliche Verschiebung bis ins Jahr 2021 ist die Folge in Meinerzhagen.

Da hilft auch kein Ratsbeschluss zu Abschaffung der KAG-Beiträge.

Die offene Ganztagsschule ist in unserer Schullandschaft immer noch unterbewertet. Die geplanten Erweiterungsmaßnahmen schaffen die räumlichen Voraussetzungen.

Wenn aber qualitativ gute pädagogische Arbeit geleistet werden soll, darf am Personal auch nicht gespart werden.

Bei freiwilligen Leistungen gibt es keine solchen Diskussionen ums Geld, wie bei der personellen Ausstattung der OGS.

Freiwillige Leistungen darf man sich leisten, sofern die Steuereinnahmen sprudeln.

Der Bildungsauftrag der OGS hat aber einen höheren Stellenwert.

In der vorliegenden Neuausschreibung liegt man hingegen weit hinter den Mindestanforderungen zurück, wie sie die Wohlfahrtsverbände vorschlagen.

Die Ziele der Landesregierung auf einen Rechtsanspruch ab 2025,

mit einer Quote von 80-Prozent, bedeuten Personalmehraufwand,

der auch bei der Neuausschreibung in Meinerzhagen vorausschauend in den Blick zu nehmen ist.

Die weltweiten Klimaveränderungen werden dramatisch.

In Kalifornien, Brasilien und Australien wüten schwere Waldbrände, Hitzewellen in Mitteleuropa und wochenlange Trockenheit machen nicht nur den Waldbauern und Landwirten zu schaffen.

Zugleich wird die Liste der Gebiete mit Überschwemmungen und Erdrutschen immer länger, Österreich versinkt im Schneechaos und die Gletscher schmelzen. Auch die Stadt Meinerzhagen hatte 2019 einen Mehraufwand durch Klimaschäden von 85.000€.

Was das mit uns zu tun hat? Wir sind mitverantwortlich!

Nun, Meinerzhagener, die täglich zur Arbeit pendeln oder ihre Einkäufe erledigen, sollten Angebote gemacht werden, um auf klimafreundliche Verkehrsmittel umsteigen zu können.

Statt ansprechender Angebot im Busverkehr, hat die MVG ihr Angebot zusammengestrichen, sowohl innerstädtisch als auch Richtung Lüdenscheid. Das widerspricht jeder Absichtserklärung auf allen politischen Ebenen.

Wir erwarten, dass das Thema zur Chefsache des Bürgermeisters wird. Den Bürgen kann man empfehlen, dem Beispiel in Kierspe zu folgen und eine Unterschriftenaktion zu starten.

Die erwartete Erweiterung des Radwegenetzes, wie seit Jahren in vielen Konzepten angestrebt, wurde nur als Stückwerk realisiert.

Wir wollen Radwege, auf denen jeder Radfahrer sicher und zügig seine Ziele erreicht.

Im Februar ist Meinerzhagen dem „Zukunftsnetz Verkehr“ beigetreten, bisher aber ohne erkennbare Auswirkungen.

Unsere Forderung in der letztjährigen Haushaltsrede,

an zentralen Punkten sichere Abstell- und Lademöglichkeiten

für E-Bikes zu geschaffen, ist nicht umgesetzt.

Auch unseren Antrag zum Klimanotstand fand leider keine Zustimmung. Die fünf Punkte hätten bei jeder Entscheidung des Rates das Bewusstsein für den Klimaschutz geschärft und für Transparenz gesorgt.

Selbst das Europaparlament hat den Klimanotstand ausgerufen, während er in Meinerzhagen an nötiger Einsicht scheiterte.

Für Klimaschutzmaßnahmen oder die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes ist im Haushaltsplan kein Budget zu finden,

wie es nach § 8 möglich wäre.

Vielleicht versteckt in Maßnahmen, die auf Grund von Wirtschaftlichkeit oder gesetzlicher Vorgaben durchgeführt werden. Selbst Bund und Länder weisen Summen für den Klimaschutz aus.

In unserer Haushaltsrede 2018 hatten wir gefordert, im Jahr mindestens 1% der vorgesehenen Erlöse für Klimaschutzmaßnahmen auszuweisen. Hoffen wir auf das konsequente und transparente Umsetzen des Klimaschutzkonzepts, das Mitte des kommenden Jahres fertig gestellt sein wird.

Kolleginnen und Kollegen in den Fraktionen,

auch wir in der Kommunalpolitik müssen weiterdenken als nur

„von der Wand bis zur Tapete“.

Wir dürfen nicht nur das nächste Jahr im Auge haben.

Wir dürfen nicht nur auf die Kommunalwahlen 2020 schielen,

was dazu verleitet, freiwillige Leistungen nicht in Frage zu stellen.

Nein, wir haben die Verpflichtung, unsere Stadt nachhaltig und menschenfreundlich aufzustellen und somit fit zu machen für die Zukunft. Und das passt halt nicht zwischen „Wand und Tapete“.

Bei dem mit der heißen Nadel gestrickten Haushaltsplan 2020

und auch den Zahlen für die Folgejahre, teils ausgerichtet an Orientierungsdaten vom „Arbeitskreis Steuerschätzung“ vom Frühjahr, haben wir Grüne Bedenken, besonders, weil Klimaschutz und Klimaanpassung darin keine Rolle spielen.

Wir, die Grünen von Meinerzhagen, werden dem vorgelegten Haushaltsentwurf unsere Zustimmung nicht geben und uns enthalten.

Ich möchte mit einem Zitat von Henry Ford schließen.

Er sagte:

„Die meisten Menschen verwenden mehr Zeit und Kraft darauf,

um Probleme herumzureden, anstatt sie anzupacken“.

 

Besten Dank für ihre Aufmerksamkeit!